Architecture is the mediation between art and life, form and material, function and challenge, individual and society and many other dialectical conditions. Plasma employs form and space to engage the users inviting them to see and discover. The work reflects contextual relationships and captures momentous ephemeral conditions to anchor each recipient in place and time.
PLASMA STUDIO
a text by Francesca Oddo
Das Abenteuer von Plasma Studio beginnt 1999, nach einem Zusammentreffen von Eva Castro und Holger Kehne in London. Affinität im Architekturverständnis, welches nicht zuletzt von ihrer Lehrtätigkeit an der Architectural Association beeinflusst ist, führt dazu, dass London zum ersten Sitz von Plasma Studio wird. Nach kurzer Zeit stößt Ulla Hell dazu. Die Entscheidung, Plasma Studio vor nunmehr 20 Jahren zu gründen, erwies sich angesichts der Qualität des Designprozesses als richtig und führte von den ersten kühnen Schritten in Europa nach Asien und in die Türkei. Wichtige, auch großmaßstäbliche öffentliche Projekte wurden und werden realisiert. Eine Niederlassung in Peking wird eröffnet, welche der chinesische Partner Chuan Wang leitet, Eva Castro und Holger Kehne operieren von zwei “research studios” in Singapur und Hongkong aus. Die geografische Streuung von Plasma Studio wird durch die italienische Basis in Sexten vervollständigt, wo Ulla Hell mit Mut und Entschlossenheit eine stereotype Vision von Gebirgsarchitektur infrage stellt und für den lokalen Kontext neue und ungewohnte, aber dennoch eng mit ihm verbundene Szenarien vorschlägt. Im multikulturellen Team von Plasma Studio mit durchschnittlich zwölf Architekten ist Peter Pichler der wichtigste Mitarbeiter. Der Südtiroler und Architekt ist nach seinem Studium in Innsbruck und Florenz vor nunmehr dreizehn Jahren zu Plasma Studio in London gestoßen. Heute setzt er seine Mitarbeit von Wien aus fort.
Die wichtigste Charakteristik der Zusammenarbeit ist, dass trotz großer räumlicher Distanz der verschiedenen Operationsorte immer in einem Netzwerk und im Austausch gearbeitet wird: Jedes der Projekte von Plasma Studio ist das Ergebnis einer ständigen Interaktion und eines unermüdlichen Austauschs zwischen verschiedenen Herkunfts- und Ausbildungskulturen (Eva Castro studierte in Venezuela und England, Holger Kehne in Deutschland und England, Ulla Hell in Österreich und den Niederlanden, Chuan Wang in China). Das Ergebnis ist eine kohärente, aber dennoch facettenreiche und interdisziplinäre Vision.
Schon in den ersten Projekten zeichnet sich die Absicht ab, Architektur als Werkzeug zu nutzen, um auf Bestehendes zu “reagieren” und eine “Reaktion” auszulösen, die darauf abzielt, alternative und unerwartete Architekturszenarien zu entwickeln.
Man denke an das “Silversmith” -Projekt (2001) in London, bei dem die Forderung eines Silberschmieds, seinen Arbeitsbereich zu erweitern, ohne die einzige natürliche Lichtquelle (das Oberlicht) zu verlieren, sich in eine lichtdurchlässige Wegeführung aus Gitterrostelementen übersetzt. Diese windet sich wie ein Band spiralförmig nach oben. Das Kontinuum weitet sich zuweilen, um Platz sowohl für Arbeit wie auch Wohnen zu schaffen, immer wieder wird es zur Ausstellungsfläche für die Werke des Bauherren. “Crumple Zone” (2004) in London wiederum ist eine Installation für eine Ausstellung, die britische Mode, Kunst, Design und Architektur in Dialog bringt. In diesem Projekt ist die Absicht, auf den existierenden Raum zu “reagieren”, noch offensichtlicher und deutlicher: die vitruvianische Triade wird hinterfragt und es scheint, als würde jedes Prinzip des kartesischen Systems untergraben. Ein zerknittert wirkendes Gewebe aus gestanztem Stahlblech reflektiert traditionelle Konstruktionssysteme und schafft ein neues Szenario alternativer Kräfte, die interagieren und Projektionsflächen für Bilder und Informationen, sowie zum Ausstellungsmöbel für präsentierte Objekte werden.
Das Projekt entsteht ein Jahr früher als der Vorschlag für die vierte Etage des “Hotel Puerta America” (2005) in Madrid, der Inbegriff für den Entwurfsansatz von Plasma Studio: Es war der perfekte Kontext, um auf sich aufmerksam zu machen: Eine Reihe international bekannter Architekten, darunter Zaha Hadid, David Chipperfield, Jean Nouvel, Arata Isozaki waren aufgefordert, ihr kreatives Credo umzusetzen. Mut war gefordert, Plasma Studio hat nicht gekniffen: Im Gegensatz zur Eintönigkeit der Korridore, die als Verteiler der Hotelzimmer fungieren, schlagen die Architekten eine Wegeführung der Entfremdung und Überraschung vor. Von Fixpunkten ausgehend, hüllt sie sich in ein “Kleid” aus glänzendem Edelstahl. Ein Tunnel verläuft durch eine Serie von Trajektorien, die eine Abfolge von Schnittmomenten beschreibt, welche dank LED Farbschattierungen den Gästen eine intuitive Orientierung suggeriert. Die Entfremdung wird in den Zimmern abgeschwächt, dort rahmt ein trichterförmiger Zugang schlussendlich die großen Fenster, die den Blick auf die Stadt freigeben.
Dieser Wunsch, von gegebenen Geometrien auszugehen, um neue zu schaffen - unbekannte, unerwartete, überraschende -, diese Dringlichkeit, auf den gegebenen Raum zu “reagieren” und mit neuen, noch nicht gedachten Möglichkeiten zu experimentieren, zieht sich durch den gesamten Entwurfsansatz von Plasma Studio. Etwa zeitgleich zu den Projekten von Madrid und London kehrt Ulla Hell in ihre Berge zurück und eröffnet in Sexten an der Grenze zu Österreich das italienische Standbein von Plasma Studio. Auch die Projekte in dieser Höhenlage setzen auf dieselbe Strategie. Ein Beispiel dafür ist “Esker House” (2006), eine Erweiterung eines Wohnhauses aus den 1960er Jahren, in dem eine neue Struktur, zusammengesetzt aus einer Reihe von Holz- und Stahlrahmen, von der bestehenden Geometrie und von Fixpunkten ausgeht und dem Bestand wie ein “Parasit” anhaftet. Dieser wird schließlich unabhängig und gibt dem Gebäude ein neues Gesicht.
Kurz danach schlägt auch “Strata Hotel” (2007) eine alternative Architektursprache zu der in den Bergen konsolidierten vor. Sie ist geprägt von der Erinnerung des Orts, die zu einer neuen Vision wird. Erneut zeigt Ulla, wie auch in der nachfolgenden „Paramount Residence Alma“ (2011 -2018) und anderen Projekten, wie es ausgehend von einem sehr einfachen Detail möglich ist - in diesem Fall die Holzlatten der Balkone, die an kammförmigen linearen Stahlprofilen fixiert sind -, neue Geometrien zu konfigurieren, die nur scheinbar komplex sind.
Bei Hotel Puerta America war es ähnlich, es ist dies jenes Projekt, welches Plasma Studio international etabliert und in Kontexte lanciert hat, in denen es darum geht, den architektonischen Maßstab mit einem städtebaulichen, landschaftlichen und territorialen zu verbinden. Es war und ist in China, wo die komplexesten Interventionen zu finden sind - wie die zwischen 2009 und 2014 für Xian in China realisierten Projekte („Flowing Gardens”, „Creativity Pavilion”, „Eco Restaurant” und „Greenhouse”) und jenes für Izmir in der Türkei, welches 2016 begonnen wurde und aktuell in Ausarbeitung ist (“Masterplan University of Economy”, “K-12 School Complex”, “University of Economy”). In beiden Fällen soll eine Architektur entstehen, welche sich aus dem Terrain entwickelt, um mit der Topographie des Territoriums zu interagieren, die eine Geschichte erzählt, von der gebauten Umwelt und die konstruktiv mit der der Landschaft kommuniziert: Licht, der Bezug zur Umgebung - sei es eine natürliche oder eine künstliche Landschaft -, sowie technische Innovation, insbesondere im Hinblick auf die ökologische Nachhaltigkeit. Es geht um die Absicht, ein Echo zu schaffen für Wegeführungen, für Neigungen und Linienführung des natürlichen Kontexts, diese werden zu Grundlagen und Fixpunkten der vielfältigen Szenarien in China bis hin zur intimsten Dimension der Gebirgsarchitektur in Südtirol.
Bei „Schäfer Roofscape“ (2014) in Innichen, wie auch bei späteren Projekten, bestand die Herausforderung darin, möglichst viel natürliches Licht durch dynamische und asymmetrische Einschnitte im Dach einzufangen, da Einschränkungen durch den Ensembleschutz vorliegen. Eine Arbeit von akribischer Geduld, eine Suche nach minimalen und gleichzeitig komplexen Lösungen, welche eine Interaktion zwischen historischem Gebäude und Innovation für ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht.
Apropos Tageslicht, anders als regionale introvertierte Typologien, alle schaffen Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie die touristisch geprägten Projekte, die Ulla Hell in den Bergen errichtet – „Strata Hotel” (2007), „Tetris House” (2007), „Cube House” (2008), „Dolomitenblick” (2014), „House H” (2016), „Residence Villa Drei Birken” (2016), „Residence Paramount Alma” (2011-14 / erster Teil - 2018 / Erweiterung), bis hin zum kürzlich fertiggestellten “House L”, große Glasflächen, die nicht nur dazu bestimmt sind, die Intensität des natürlichen Lichts zu absorbieren, sondern auch eine osmotische Beziehung zur natürlichen Landschaft herzustellen. Diese Beziehung ist in ihren Projekten niemals zweitrangig - vielmehr inspiriert sie, gibt ihnen Seele und vervollständigt sie. Dieses Engagement, Architektur in Bezug auf Licht, Landschaft und Morphologie zu reflektieren, wird in Sexten, Innichen, Toblach vorgeschlagen, Dörfer, die zusammen nicht 10.000 Seelen zählen, aber auch in Xian mit über 8 Millionen von Einwohnern und in Izmir, das von 4 Millionen Menschen bevölkert wird. Bestimmte Gestaltungselemente sind für Plasma Studio Konstanten, wie die Suche nach Licht und die Beziehung zur Landschaft, während die unendlichen Möglichkeiten, diese einzufangen und eine visuelle Interaktion mit der Umgebung herzustellen, sich ändern. Bei der Arbeit in den Bergen gibt es im Vergleich zu China, das stets nach Neuem verlangt, ein weiteres Element zu berücksichtigen: Es hat mit einem konsolidierten heimischen Szenario und der Fähigkeit zu tun, aufzuzeigen, dass es möglich ist, sich einerseits in Erinnerung einzuklinken aber dennoch das Innovative, Mögliche und Machbare zuzulassen.
ELASTISCHE REALITÄTEN
Durch die Form und Organisation des Raumes als wesentlich politisches Instrument (nicht auf symbolische Weise, sondern sozial, physisch) wollen wir das Besondere mit dem Systemischen verweben, eine Architektur schaffen, die zeitgenössische soziale Lebensmuster authentisch reflektiert und aufnimmt, sowie großzügige, wahllose Möglichkeiten und eine neue Qualität für eine zunehmend widersprüchliche, ubiquitäre atomisierte Gesellschaft bietet.
Indem wir Räume und Aktivitäten elastisch gestalten, leiten wir Formen ab, die auf spezifische Anforderungen abgestimmt sind und die vielfältige Aspekte ausdrücken, die sie beeinflußt haben. Unsere Betonung des Einsatzes von physischem Raum und ephemeren Ereignissen wird zu einer "Lingua Franca" für unsere globalisierte und differenzierte Welt, die Abhängigkeiten von (exklusivem) historischem, linguistischem, kulturellem oder intellektuellem Wissen und Lesarten trennt. Architektur kann und soll ad hoc als rein physische und phänomenologische Erfahrung erlebt und interpretiert werden - emanzipatorisch, integrativ, (pro) aktiv.
REKONFIGURIERUNG VON GRENZEN
Die aktuellen Planungsgesetze zerlegen die Städte in Lose und trennen Bereiche von Arbeit, Leben und Freizeit. Indem sie die Immobilien und den Status quo schützen, fördern sie die Architektur als Ausgrenzungsmodus durch die Übertragung von Grenzen in periphere Festungen. Trennungen von innen und außen, wo der Bedarf an Klimafilter zu einem Mittel sozialer Trennung wird.
Diese Verwendung von Collage und Patchwork als vorherrschende Form der räumlichen Produktion erzeugt Disjunktionen und Diskontinuitäten - Urbanität von der Extrapolation von Singularitäten als begrenzte Inseln. Wir haben jetzt die technologischen Fähigkeiten, den zweidimensionalen Stillstand des traditionellen Städtebaus zu überwinden und Überschneidungen, Mehrfachzugehörigkeiten und Kontinuitäten zu projizieren. Die Architektur beginnt, wenn einzelne Objekte und Instanzen miteinander und mit dem größeren Kontext verwoben sind.
WERTE VERSCHIEBEN
Was von kulturell relevanter Architektur übrig ist, droht sich durch die mediale und postmoderne kulturelle Bewertungsmuster in Stile und Marken zu polarisieren. Konsumiert und manchmal auch als solche produziert, können viele Architekturprojekte Konventionen in beide Richtungen nur verschieben oder erweitern, aber nicht in Frage stellen. Die Ergebnisse sind ikonografische Monumente, unbeabsichtigte Motive und Träger von Marktkräften und Medienkultur.
Plasma Studio ist der plakativen Ikonographie, den typologischen Abkürzungen, dem unterbrochenen Wow-Effekt überdrüssig. In der Tat versuchen wir das Gegenteil: durch Abstraktion, morphologische Verschiebungen und innovativen Materialeinsatz wollen wir ungewohnte (neue, ungewöhnliche, exotische) Raumerfahrungen ermöglichen. Diese entsprechen nicht den gängigen normativen Schemata (Klischees), sondern eröffnen dem Nutzer die Möglichkeit für eine Reise ins Unbekannte: Was zunächst abstrakt erscheint, wird durch die aktive Erfahrung und Entdeckung des Raumes zu einem Teil einer größeren Geschichte.
ENTFALTUNGSMÖGLICHKEITEN
Ökonomische, praktische sowie ergonomische Faktoren geben dem Aussehen und der Leistung unserer gebauten Umgebung einen Hintergrund. In vielen Fällen wird jedoch ein inhärentes Potenzial für eine spezifische, sinnvolle und qualitativ hochwertige Lösung von einem banalen Detail verdrängt.
Unsere Projekte versuchen, die allgegenwärtigen rationalistischen Ordnungssysteme zu erweitern. Die dem modernistischen, funktionalen Paradigma innewohnenden Stärken wie Effizienz, Angemessenheit, menschlicher Maßstab, Klarheit und Vielseitigkeit werden unter anderem kapitalisiert, indiziert und als Modellierungsinstrumente im Designprozess wieder eingesetzt. Doch unsere Entwürfe entfalten sich aus diesen gegebenen Rahmenwerken und erhalten Geometrien, die eng mit verschiedenen ökologischen, sozialen und intellektuellen Bedingungen verknüpft sind.
WRITTEN BY HOLGER KEHNE
ENGAGING TOPOGRAPHYS
Raum in Raum faltend, zieht Plasma Landschaften ins Gebäude, Straßen auf Fassaden, innen nach außen. Transformative Tektonik setzt Räume, Ebenen und Körper in unvorhergesehene Beziehungen, die konventionelle Topographien und räumliche Codes in Frage stellen. Während die eckigen und komplexen Eigenschaften ihrer Formen sie oberflächlich mit einer computergenerierten Architektur assoziieren könnten, wird die Entscheidungsfindung niemals an den Computer abgegeben.
Strategisches Denken und der Wunsch, Spezifität anstelle von Generika hervorzubringen, führt zu tektonische Formen. In dieser Hinsicht haben sie mehr Gemeinsamkeiten mit den sogenannten "Organic Modernists" wie Scharoun, dessen Berliner Philarmonie aus eckigen Formen besteht, die aus den effizientesten funktionalen Lösungen abgeleitet sind.
Plasma interessiert sich nicht für die Schaffung eines visuellen "Stils", architektonische Photogenie wirdtranszendiert und in einem reichen Dialog mit philosophischen und sozialen Theorien das Soziale in seinen alltäglichen und erfahrungsmäßigen Aspekten verfolgt. Sie lassen es zu, dass der Aufbau von topografischen Dialogen "neue und andere Formen der sozialen Interaktion ermöglichen und potentialisieren kann".
Diese topografischen Dialoge werden von einer Architektur aus Trajektorie und Impuls umgesetzt, die auf die Natur der Topographien und die Möglichkeiten des Engagements reagiert. Auf kleinstem Raum repräsentiert Plasma's Bench die Konstruktion einer durchgängigen Einheit, die eine Reihe von Büroanwendungen integrativ unterstützt.
Die stark artikulierte Form faltet nicht nur ihre eigene Oberfläche, sondern auch die Funktionen, die in und auf dieser Oberfläche enthalten sind. Diese Faltung und Entfaltung der Oberfläche suggeriert daher Beziehungen zwischen Handlungen, die sich durch das Werden und Entstehen entwickeln, und nicht ihre Trennung innerhalb einer Reihe von disjunktiven Elementen.
Die Fassade von 136 Old Street verhandelt den Durchgang der äußeren Straßentopographie durch eine Glaskonstruktion, deren komplexe planare Verformungen die absolute Transparenz unterbrechen und einen gebrochenen Schirm aus Mehrfachreflexionen erzeugen. Die Bilder der Straße werden moduliert und zurück nach außen geworfen, während Licht und Bilder, nicht aber der Blick, durch die Fassade ins Innere gelangen: Die komplexe Struktur der Fassade wirkt als Austauschfilter zwischen Straße und Interieur.
Im Studio des Silberschmieds wurde Plasma mit dem vorgegebenen Raum einer Standard Lebens- Arbeits-Umgebung konfrontiert und gebeten, eine Struktur zu schaffen, die den Anforderungen eines Silberschmied / Tai Chi Ausbilders entspricht. Daher bestand das Engagement hier aus einem standardisierten Gebäude und einer Reihe höchst individualisierter Bedürfnisse und Aktivitäten. Innerhalb der orthogonalen Hülle erzeugte Plasma eine aufsteigende Spiralform, die die Funktionen der vertikalen Bewegung mit einer Reihe von Plattformen kombiniert, die den programmatischen Bedürfnissen - Ausstellung, Präsentation, Übung - des Klienten dienen.
Während sie Räume für bestimmte Funktionen bereitstellt, trennt die einzigartige Struktur diese weder als diskrete und isolierte Aktivitäten, noch zeichnet sie Nutzungsbeschränkungen auf. Vielmehr entfaltet sich zwischen Benutzer und Form ein tektonischer und visueller Dialog, der eine Dynamik der funktionalen Integration und Dispergierung entfaltet, eine nicht choreographierte Trajektorie von Arbeit, Spiel und Möglichkeit. Plasma hat mit einer Lösung reagiert, die sich auf innovative und nuancierte Weise mit den komplexen Mustern des zeitgenössischen Wohnens auseinandersetzt. Die hier erzielten topographischen Engagements weisen auf größere soziale Prozesse hin, in denen Abweichung und Wechselspiel zunehmend die normative Trennung von Arbeit, Freizeit und Häuslichkeit, privatem Raum und öffentlichem Raum durchbrechen.
Innerhalb der gegebenen räumlichen Bedingungen der bestehenden Hochschule für Darstellende Künste Mozarteum intervenierte Plasmas Vorschlag in einer orthogonalen Matrix, um ein höheres Maß an institutioneller Integration zu erreichen und gleichzeitig das Gebäude mit seinem städtischen Kontext zu verbinden. Durch einen Plissier- und Piercing-Prozess wurden bestehende Wege zu einer künstlichen öffentlichen Landschaft im Erdgeschoss erweitert, was auf eine neue Verbindung zwischen Bürgern und Institutionen hindeutet. Das bestehende Gebäude umfasste fünf reguläre volumetrische Bänder, um die verschiedenen Abteilungen der Einrichtung zu versorgen. Durch Verziehen und Verformen wurde ein räumliches Überlappungs- und Wechselspiel erreicht. Gleichzeitig erhielten die modifizierten Bände ihre eigenen einzigartigen Profile und einen Grad an Differenzierung, der der Erkennbarkeit und Orientierung innerhalb der Institution dienen würde. Dieser subtile Schritt würde eine institutionelle Interdependenz begründen, ohne die räumliche oder departementale Kohärenz aufzugeben.
Für das ozeanographische Museum in Stralsund schlug Plasma eine Assemblage vor, die den "archetypischen glatten Raum" des Ozeans und den "gestreiften Raum par excellence" der Stadt durch eine gekrümmte Trajektorie in Angriff nahm. Wie im Atelier des Silberschmieds wurden die programmatischen Anforderungen des Projekts angesprochen, ohne auf eine topologische Montage von Funktionen und Zonen zurückzugreifen. Anstatt eine Reihe funktional präskriptiver und diskreter Räume zu erzeugen, operiert ein Impulsprozess entlang der Trajektorie nach einer Logik des "Werdens" anstelle des "Seins". Die Trajektorie, die den Raum des Besuchers unter, über und durch den fließenden ozeanographischen Raum zieht und umschlingt, führt einerseits durch die komplexe Assemblage und nimmt andererseits eine Reihe von Funktionen auf : Beobachtung, Empfindung, Information. Die durchgehend plissierte Oberfläche des Museums fungiert als Vermittler zwischen den kontrastierenden Topografien von Meer und Stadt durch ihre nicht kartesische Raumdynamik.
Diese räumliche Methode stört die konventionelle Codierung des Museumsbesuchers als stabilen Konsumenten von Wissen, Information und rein visueller Erfahrung. Indem man den Besucher in die Qualitäten des fluiden Raums eintaucht und mit ihm in Berührung bringt, wird die Erfahrung sowohl viszeral und haptisch als auch kognitiv.
Diese Projekte demonstrieren Plasmas Engagement, über die noch immer dominierenden modernistischen Paradigmen der funktionalen Zonierung hinauszugehen und die kartesische Kodierung von Raum und Körper in einen engen Instrumentalismus herauszufordern. Anstelle dessen sammelt Plasma die Beziehungsströme und weigert sich, den Weg vom Ziel zu unterscheiden.
WRITTEN BY DOUGLAS SPENCER
FORMSACHE: ANMERKUNGEN ZU EINER DISSIMULATION VON FORMULIERUNGSFORMALITÄTEN
Traditionell besteht die Aufgabe des einführenden Textes einer Ausstellung darin, das Werk, das vor dem Betrachter steht, zu erklären, und wenn diese Arbeit aus mehr als einer Quelle stammt, die Verbindungen zu jedem Projekt zu ziehen, um in ihren verschiedenen Formen eine gemeinsame Bedeutung zu entdecken und dies als ein Thema, das einen Zeitgeist, eine Weltanschauung, eine neue Schule oder ein "Paradigma" repräsentiert zu verstehen.
Mit unkonventioneller Architektur konfrontiert sollten kuratorische Texte sie wieder in das Genre "Architektur" integrieren, um zu zeigen, wie selbst diese Projekte in ihrer scheinbaren Fremdheit an diesem Eigennamen haften. Das heißt, solche Texte sollen eine organische Identität zu andersartigen, vielleicht heterogenen Dingen synthetisieren. Es ist gut, solche Erklärungen mit Skepsis zu behandeln. So zuversichtlich es auch sein mag zu glauben, dass Projekte durch das Auffinden von Ähnlichkeiten erklärt werden können und somit unsere Angst vor offensichtlicher Fremdheit gegenüber bekannten Referenzen sublimiert wird, ist die Dynamik dieser Identifikation problematisch, da sie die mögliche Differenzierung und Transformation unter einem Modell einer impliziten oder expliziten Gleichheit und Kontinuität subsummiert. Anstatt die Arbeit zu beleuchten, ist es dieses abwesende Modell des Gleichen, das solchen "Erklärungen" sofort auferlegt wird und somit vieles verdeckt.
Anstatt diese vier Büros und ihre Projekte als Beispiele für ein neues Paradigma, eine neue Schule oder Bewegung zu nennen, ist es daher nützlicher, einige der unterschiedlichen Probleme, mit denen sie konfrontiert sind, und das aktuelle Feld der Möglichkeiten, aus denen sie hervorgehen, aufzuzeigen. Statt nach Ähnlichkeiten zu suchen, werden diese Projekte am besten durch ihre irreduziblen komplexen Bedingungen der Entstehung, die sich nützlich über die alternativen Identifikationsregime durch die drei Sinne des Ausstellungstitels, Formsache: Formalität, Form Ding und Sein in Form, beschrieben.
FORM UND DINGE
Diese Ausstellung beruht auf der Annahme, dass für die Architektur heute kaum etwas weniger relevant ist als das "Sichtbare". Dies mag eine perverse Aussage sein, wenn es auf einen Bildschirm projiziert wird, umgeben von anderen Projektionen von Projekten. Hier ist eine Ausstellung, so könnte man denken, entworfen, um eine visuell interessante Projektionsfläche zu schaffen, die Projekte darstellt, die komplex geformt, geschickt dargestellt und durch die Bildschirmoberfläche des Computers erzeugt werden.
Reaktionäre könnten die gesamte Installation und die Arbeit, die sie präsentiert, als ein weiteres Zeichen für den Einverleib von Architektur in die globale Bildwirtschaft sehen. Mit der Vision hat das Bild jedoch wenig zu tun. Man könnte behaupten, dass diese Aussage nicht nur die Optik, die Wahrnehmung, die Darstellung und das, was Duchamp als "Netzhaut" bezeichnete, mißversteht, sondern auch die Bedingungen vergisst, unter denen etwas als Bild wahrgenommen wird. In jedem dieser Projekte sollte das Bild im Sinne eines Bildes verstanden werden, das vollständig in die Bedingungen des Seins für die Arbeit integriert ist, aber nicht durch das vermeintliche "reale" architektonische Objekt abgegrenzt wird.
Statt eines "Bildes von etwas" ist es sinnvoller, an die Bildgebung von Dingen als sich bildend zu denken: bevor etwas als zusammenhängende Darstellung für das Auge (die banale Idee eines Bildes) sichtbar gemacht werden kann, muss es ein Schema geben, Organisation, durch die eine Qualität, Form oder Eigenschaft als solche erkannt werden kann. Dies lag zwischen der Materie und ihrer latenten Potentialform, integriert in die Bedingungen der Formation selbst. Die Rolle des Bildes soll also weder ein fiktives "reales" Objekt darstellen, noch kann es die "Realität" der Architektur bedrohen.
Auch macht die Computervisualisierung das Bild nicht weniger vertrauenswürdig, da die Software einen hohen Grad an Manipulation und Fotorealismus ermöglicht. Heute ist das Bild in der Architektur nicht so verschieden von den elektrochemischen Gradientenfeldern, welche Schwarm-Intelligenz-Studien fälschlicherweise als Templates bezeichnen - eine aufblühende Hülle, durch die die Vielfalt dessen, was Architektur ausmacht, neu gedacht wird. Es ist dieses schematische Bild der Architektur, das diese formalen Forschungen ansprechen.
ERWEITERTE SENSOREN
Ebenso weiß jeder, dass sichtbares Licht einen sehr kleinen Abschnitt des elektromagnetischen Wellenspektrums darstellt. Der Rest - also fast alles - bleibt für das menschliche Sehen "unsichtbar". Wir brauchen eine Prothese, damit der Rest unserer Realität zur Verfügung steht und das Erzeugen dieser Prothesen verdeutlicht das Schema, durch das diese Realitäten für das Wissen verfügbar werden. In ähnlicher Weise ist die gebaute Umgebung für diese Projekte nur ausschnittsweise für das Auge verfügbar und wird als ein weit ausgedehnteres Feld von Kräften und Wellenpaketen verstanden.
Der Kontext bezieht sich nicht mehr auf jene Formen, auf die durch Zeichnungen und Ansichten der Zahlenfelder zugegriffen wird, sondern dehnt sich auf die Bereiche Kapital, Konsum, Branding und die elektronischen Signale aus, die das metropolitane Milieu überschwemmen. Computer erlauben keine "wissenschaftliche" oder positivistische Analyse, sondern öffnen das informatische Spektrum für das architektonische Wissen und behandeln die gebaute Umwelt in nicht-humanistischen Begriffen, auf etwa der Art und Weise, wie Fledermäuse mittels Ultraschall ihre Beute fangen. Aus dem gleichen Grund ist der Formalismus nicht eine schulische Abstraktion, sondern eine enge Auseinandersetzung mit dem Fluss der Materie - einschließlich der Quantenebenen der EM-Übertragung. Diese Projekte sind verschiedene Aktualisierungen eines zeitgenössischen Zustands, in dem der Empirismus erhaben ist.
IN FORM: PRAGMATISCHE GEOMETRIEN
Wie von C. S. Pierce und William James entwickelt, legt der Pragmatismus nahe, dass die einzigen Dinge, die man kennt, die Dinge sind, die eine effektive Wirkung haben. Alles andere ist belanglos, bedeutungslos und für James nicht einmal real. Im Gegensatz dazu konstruierte das "kritische" Projekt, so wie es in der Architektur gesehen wurde, die Realität als etwas, das hinter Schleiern der Ideologie und anderer Repräsentationen lag. Für den Pragmatiker ist Ideologie jedoch nur dann "real", wenn sie wirksam und daher nicht ideologisch ist.
Das ist der Grund, warum keines dieser Projekte einen Wert in einem traditionellen oder hermeneutischen Sinn darstellt oder in einem vergeblichen Streben nach minimalistischer Stille oder reiner Funktion; Vielmehr installieren sie eine Ethik der formalen, räumlichen und materiellen Affekte. Zu diesem Zweck spielt eine Ideologie der fragmentierten "Blobs" oder Oberflächentopologie in keinem dieser Projekte eine Rolle und auch keine Opposition zur sogenannten kartesianischen Geometrie. Dies könnte ihre "Position" weniger klar erscheinen lassen als die der vorherigen Generation; es markiert aber eine bestimmte Schwelle der Reife.
Plasma Studio hat eine eingeschränkte Palette von geometrischen Artikulationen, um Plattformen von Ereignissen zu konfigurieren, andere, wie zum Beispiel Information Based Architecture, haben einen mehr ökumenischen Bereich, der als Hüllen von Performativität eingesetzt wird. Blue Architects verwenden nichts weniger Modisches als kreisförmige Geometrien, um einen isotonischen Raum zu schaffen, der jeder Zentrizität widerspricht.
Ocean North entwickelt affiliative Strategien, in denen die Geometrien des Projekts durch Mapping - wie Deleuze die Wespen-Orchidee nennt –seines Milieus der Kräfte, sei es die Stadt oder ein "Körper", gebildet werden. Anstatt eine Geometrie mit einem essentiellen Charakter zu definieren, der über eine dialektische Identität definiert ist (kartesisch / topologisch, humanistisch / nicht humanistisch, einfach / komplex), verwendet jedes Projekt Geometrie (oft eher "einfach" oder basierend auf einfachen parametrischen Eingaben), um Choreografien von Raumerfahrungen zu konstruieren.
MATERIAL ALS FORM
Weiters haben diese Projekte eine Zone, die weit über die Debatten über die Wahrheit oder das Vorhandensein von Materialien und Strukturen hinausgeht. Sie werden zu einer Zeit produziert, in der Materialwissenschaften Techniken entwickeln, die nicht nur völlig synthetische Materialien und nanotechnologische Strukturen erzeugen, sondern auch beginnen, Stahl auf molekularer Ebene nahtlos mit Gummi zu verschmelzen und völlig neue - nicht einmal hybride - Materialitäten zu schaffen. Es gibt keine Wahrheit für das Material, da die neuen Ontologien der Materie im Wesentlichen informativ sind, definiert durch Transformation und Fehler-Statistiken. Der Materialeinsatz von Blue Architecture ist vielleicht der beste Beweis für diesen Zugang zur Materie. Hier wird "Ziegel" als Material von seiner beladenen Materialität und Pseudo-Ontologie befreit und als Textur-Reliefkarte behandelt, die auf jede Oberfläche oder Form anwendbar ist. Die Fragen sind nicht mehr das, was "ein Ziegelstein sein will" oder illusionistische Tricks, sondern welche Effekte durch Materialmanipulation und Rekombination realisiert werden können.
FAZIT
So wird in jeder der Arbeiten die Rolle des Architekten als Avatar des künstlerischen Genies überarbeitet. In der Tat benennen sie oft ihre Rolle als explizit multidisziplinäre Produktdesigner, in denen Architektur nur eine Produktionslinie ist. Wenn das so ist, dann könnte jedes dieser Projekte als diskrete Entwicklungstrajektorien für die Bedingungen architektonischer Produktion angegangen werden, als Erkundung der Grenzen dessen, was man durch die Projektionen dieser Formation von Praxis und Ideen, Architektur genannt, erkennen kann.
Walter Benjamins klassischer Artikel könnte heute als ein Problem der "Arbeit des Architekten im Zeitalter der elektronischen Proliferation" neu formuliert werden, weil nicht die Technologie diese Transformation antreibt, sondern die umfassende Rekonfiguration der Beziehungen des kreativen Subjekts zu seinen "Objekten" der Bearbeitung. Wenn für Kant das Formale auf der Seite des transzendentalen Subjekts lag, so sind das Subjekt und das Transzendentale in den a priori historischen Bildungsprozessen eingegangen. Die Verwendung von Geometrien, die bei allen vier Praktiken zum Einsatz kommen, kann so verstanden werden, als würde man dieses Terrain betreten, in dem es nur Mischungen von Subjekten und Objekten gibt, als ob diese Pole keine Souveränität mehr behalten können (wenn sie es jemals könnten). Diese Projekte halten sich an kein Modell und bieten nur Simulakren an, Kopien, die kein Modell haben und ihre platonischen Meister durch promiskuitive Formierung völlig überrannt haben.
WRITTEN BY CHRISTOPHER HIGHT, October 2002